A106. Utopie & Planung

Forschung, Gedankenspiele und Programm zu unverwirklichten Ideen und Planungen.

Die Berliner Bundesstraße 106 (Abkürzung: A106) wurde ursprünglich als Berliner Umfahrung von Schöneberg über Kreuzberg und Alt-Treptow nach Köpenick in den Berliner Flächennutzungsplan einbezogen. Es sollte eine Kreuzung mit einer anderen Autobahn, der A102, am Oranienplatz in Kreuzberg sein.

Bis zur deutschen Wiedervereinigung wurde die Autobahn unter dem Namen A16 geplant, aber die Pläne wurden inzwischen eingestellt.
Man könnte sagen, dass die Pläne für die Autobahn dazu beigetragen haben, Kreuzberg zum „Kreativviertel“ zu machen, das es heute ist. Die Pläne führten zu Zwangsräumungen, Abrissen und Leerstand, zu Vernachlässigung und Verschleierung und zum Bau des Sozialwohnungsbaus Neues Kreuzberger Zentrum mit kaum nach hinten gerichteten Fenstern. Diese Bedingungen machten die Nachbarschaft für Wanderarbeiter erschwinglich. Man ging davon aus, dass sie nur für kurze Zeit in Deutschland bleiben würden und deshalb bis zum Bau der Autobahn in der Gegend leben könnten. Aber auch junge Leute aus ganz Deutschland kamen hierher. Häuser wurden besetzt und eine Widerstandsbewegung gebildet. In den 1980er Jahren untersuchte die Internationale Bauausstellung nicht nur Neubauten (IBA Neu), sondern auch Methoden der „sorgfältigen Stadterneuerung“ bestehender Strukturen. Diese neuen Ansätze wirkten sich nachhaltig auf den Umgang mit deutschen Innenstädten aus. Die Debatten und Diskurse, der Traum von einer anderen Lebensweise und die verfügbaren Lebensräume – das waren die Keime, die in Kreuzberg die heutige Kunstszene und die sogenannte „Kreativwirtschaft“ entstehen ließen.

Sally Below erforscht diese Ideen als Thema in verschiedenen Formaten weiter.
Dies zeigt, dass Ideen, Visionen und Utopien, die nicht realisiert werden, die Zukunft beeinflussen können und einen tiefgreifenden strukturellen Einfluss haben.